Buchverkauf

   100 Jahre OG Mehrstetten

Hallo Miteinander,                                                                                                            es freut uns, euch mitteilen zu können, dass die Geschichte unserer Ortsgruppe:      „100 Jahre OG Mehrstetten des Schwäbischen Albvereins“                                            in Buchform frisch aus der Druckerei eingetroffen ist.                                                   Der Verkaufspreis beträgt 8 €uro

Wer Interesse hat darf sich gerne melden.

 

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 12

Viele Veränderungen hatte die Zeit mit sich gebracht, aber das Interesse der Mehrstetter Albvereinler für alles, was in der Welt so passiert, die Neugier auf ihre heimatliche Umgebung, aber auch für vieles Fremde war immer noch wie in den Anfangsjahren des Vereins.                                                                                         Viele Vorträge brachten Beachtenswertes aus der Umgebung, aber auch Eindrücke aus ferneren Gegenden zu Gehör, vermittelten aber auch in Bild und Film Landschaften und Menschen mit ihrer Lebensweise, ihren Sitten und Gebräuchen zu den Zuhörern und Zuschauern. Einer der Referenten, der sowohl kulturgeschichtlich als auch naturwissenschaftlich aus einem beinahe unerschöpflichen Reservoir an Wissen in anschaulicher Weise zu berichten wusste, war Dr. Christian Eberhardt. Leider verstarb dieser Ur- Mehrstetter Wissenschaftler im Jahr 1999.                                                    Andere traten an seine Stelle. Viele Vorträge, die einen festen Platz im Jahreskalender der Ortsgruppe Mehrstetten haben, über die Klettersteige in den Dolomiten, über das Leben und Arbeiten in China, über Besteigungen von Bergen in Afrika oder über Ritte durch die Sahara und vieles mehr lockte die Besucher in den Gemeindesaal.                Die Wanderpläne der Ortsgruppe machen jedes Jahr immer wieder Angebote an alle, an Mitglieder und gerne auch an Nichtmitglieder. Dabei richtet sich das Augenmerk auch immer mehr und mehr auf Familien, die mit ihren Kindern sich beim Albverein wohlfühlen sollen und können, droht doch sonst dem Albverein ganz langsam eine Überalterung. Gemeinsame Waldweihnachtsfeiern, Ostereierwanderungen, und vieles mehr, Wochenendwanderungen mit Übernachtung für Eltern und Kinder, Fahrradsuchfahrten für Familien oder ähnliche Gruppen, Drachenfeste – nichts ist den Organisatorinnen und Organisatoren zu viel.                                                                    Ein Wendepunkt im Vereinsleben war das Jahr 2009. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, drohte der Ortsgruppe das Aus. Keiner aus dem Vorstand war bereit, die Leitung der Ortsgruppe zu übernehmen. Dabei hatte der Albverein doch immerhin fast 300 Mitglieder, war nicht unbedingt überaltert, das Veranstaltungsprogramm konnte reibungslos durchgeführt werden und die Finanzen waren in geordneten Verhältnissen. Die Generalversammlung war über einen längeren Zeitraum ins Stocken geraten, bis nach intensiven und beinahe dramatischen Einzelgesprächen eine Lösung gefunden wurde. Ein Vierergremium aus erfahrenen und aus jungen Albvereinlern wollte für die nächste Wahlperiode antreten und den Verein aus dieser Krise führen. Gerhard Mayer, Ernst Mak, Gerda Lange und Manuela Feil stellten sich dieser Herausforderung.

Im selben Jahr verstarb auch der Ehrenvertrauensmann Hermann Schmauder, der wie kein anderer für den Albverein und seine Ortsgruppe Mehrstetten gebrannt hatte.            Die Vorstandslösung mit 4 Frauen und Männern hatte nicht lange Bestand. Berufliche und gesundheitliche Umstände führten zu einem Schrumpfen dieser Vorstandsriege. Im Jahr 2013 übernahmen nun Ernst Mak als Vertrauensmann und

Liesel Hummel als seine Stellvertreterin das Ruder in der Ortsgruppe Mehrstetten.

Bei seiner letzten Ansprache als Vertrauensmann der Ortsgruppe sprach Ernst Mak

von einem „Rucksack, den er mit diesem Amt übernommen und aufgesetzt habe, den er jetzt mit Erleichterung ablegen und weitergeben könne.“

Mit der Generalversammlung 2017 übernahm Liesel Hummel diesen „Rucksack“.

 

 

 

VM Ernst Mak    Foto: Ernst Mak                                   Vertrauensfrau Liesel Hummel   Foto: Eigenfoto

Seine Amtszeit als Vertrauensmann krönte Ernst Mak mit einem Unternehmen, das ihm sehr am Herzen lag: dem Bau des Wetterunterstandes für Wanderer und Radfahrer im Schandental unterstützt von allen verantwortlichen Seiten, dem Albverein, der Gemeinde, dem Naturschutz.

                                                                               Trachtengruppe des AV Mehrstetten beim Schäferlauf in Bad Urach: Einmarsch in der Zittelstatt

Viele neue Aktivitäten hat der Albverein in den letzten Jahren neben den schon selbstverständlichen in sein Programm aufgenommen. Dazu gehören besonders die Fahrradrallye, die immer beliebter wurde und die vor allem Familien mit Kindern anspricht, die Powerwanderung für sehr sportliche Wanderer, das Gesundheitswandern für Körper- und Gesundheitsbewusste – und ganz im Verborgenen gibt es eine „Geheimtruppe“, die sich um Reinhold Mayer gebildet hat. Sie wandert Jahr für Jahr mehrere Tage lang zu den Hauptversammlungen, oft über 120 bis 140 km weit. Radwanderungen gehören schon lange zum Programm, ebenso die Teilnahme an größeren Veranstaltungen mit der Trachtengruppe, zum Beispiel an den Heimattagen Baden- Württemberg oder dem Schäferlauf in Bad Urach.

100 Jahre alt ist die Ortsgruppe Mehrstetten im Schwäbischen Albverein im Jahr 2020 geworden und konnte dieses bemerkenswerte Jubiläum wegen eines urplötzlich aufgetretenen Virus, der die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzt hat, nicht gebührend feiern.

Man konnte nicht daran erinnern, was seit den Männern und Frauen der ersten Stunde von Albvereinlern und Albvereinlerinnen in der Gemeinde und für die Gemeinde, aber auch für die gesamte Gesellschaft geleistet worden ist. Es ging nicht nur um die Pflege des Volks- und Brauchtums und die Liebe zur Heimat. Wer die Arbeit des Schwäbischen Albvereins auf diese, allerdings fundamentalen Dinge, reduziert, wird der Leistung dieser Vereinigung nicht gerecht. Man kann nicht die Volkstanzdarbietungen der Jugendgruppen oder Erwachsenengruppen als „Germanen- schwof“ abtun, aber im Urlaub in fernen Ländern Folkloredarbietungen bejubeln. Wie selbstverständlich singen, musizieren und tanzen in irischen Pubs Einheimische und Gäste zusammen ihre traditionellen Lieder und Tänze. Wie steht es damit in Deutschland? Wir haben es mit dem Freitagstreff, wo singen und musizieren an erster Stelle steht, oft erlebt: Viele Gäste in den Wirtschaften haben sich dazugesellt und mitgesungen, in anderen wiederum wurde – um mit Wilhelm Busch zu sprechen- „Musik und Gesang als störend oft empfunden, da sie mit Geräusch verbunden!“

Wie viele km Wanderwege wurden vom Albverein angelegt und über ein Jahrhundert gepflegt und beschildert? Wie viele Stunden haben die Wegwarte mit Farbe und Pinsel und Hammer und Nägeln bewaffnet damit zugebracht, abgerissene Wegbezeichnungen wieder anzubringen oder andere nachzumalen? Wie viele Stunden haben Albvereinler auf Wachholderheiden oder in Naturschutzgebieten wie den Sandlöchern oder an der Rauen Hüle geschuftet, um Natur und Landschaft oder seltene Blumen zu erhalten?

Wie weit sind Wanderführer und vor allem auch Gebirgswanderführer gefahren und marschiert, um für andere Wanderungen vorzubereiten, Quartiere zu erkunden, Gaststätten ausfindig zu machen, die bereit waren, Gruppen aufzunehmen?

Wie viele Wochenenden haben die Naturschutzwarte – auch in fremden Gefilden – damit zugebracht, Märzenbecher, Orchideen wie den Frauenschuh   oder den zinnoberroten Kelchbecherling zu beschützen davor, ausgegraben oder ausgerissen zu werden?

Wie viele Stunden haben Referenten an ihren Vorträgen gearbeitet, Bildmaterial zusammengestellt und Texte erarbeitet?

Ganz zu schweigen von den vielen Stunden der stillen Helfer im Hintergrund die bei Veranstaltungen und Festen Kuchen backen, Würste braten oder als Bedienungen die Besucher versorgen und denen, die die Organisation zu stemmen haben!

Allen, besonders auch den Männern und Frauen der ersten und wichtigsten Stunden, ob 1920 oder 1947 nach dem Krieg, allen die heute Verantwortung tragen, soll hiermit ein großes Danke schön gesagt sein!                                                              Gründungs-VM 1920 Karl Reutter   Bild Familie                               Wiedergründungs-VM Ludwig Eberhardt, Rottenf.

mit Frau    Bild: Familie

Bleibt zum Schluss dieser Betrachtung der letzten 100 Jahre nur, allen zu danken, die den Albverein in Mehrstetten durch die nicht immer einfachen Zeiten geführt und begleitet haben, in Ämtern oder als Mitglieder, aktiv und passiv, verbunden mit der Bitte, die Arbeit dieser Ortsgruppe auch weiterhin zu unterstützen und zu begleiten.

War das jetzt schon alles?

Als einem, der nun nahezu 60 Jahre diesem Verein angehört und seit seinem ersten Tag in diesem Verein mehr oder weniger aktiv am Leben dieses Vereins teilgenommen hat, sei es erlaubt, einige Anmerkungen zur Vergangenheit und vielleicht auch zur Zukunft des Schwäbischen Albvereins auch allgemein zu machen.

In vielem kann man sicherlich auch sich mit der Ortsgruppe Mehrstetten wiederfinden.

Glaubt man den Berichten in den Medien, so ist das Wandern heute so beliebt wie schon seit Jahren nicht mehr. Warum sinken dann die Mitgliederzahlen in dem klassischen Wanderverein Schwäbischer Albverein seit Jahren? Warum wird der Albverein von der Politik höchstens als Randerscheinung wahrgenommen, obwohl dieser Verein seit Jahrzehnten sich in Sachen Umwelt und Klima engagiert? Warum lässt sich der Albverein (und nicht nur der) in Sachen Wandern das Heft zum Beispiel von Tourismusverbänden mehr und mehr aus der Hand nehmen, obwohl er seit seiner Gründung mehr in die Anlage und Pflege der Wanderwege und der Natur insgesamt investiert hat als jede andere ehrenamtlich geführte Institution überhaupt?

Es drängt sich die Frage auf, ob Namen wie „Nordrandweg“ und andere nicht sexy genug sind. Es muss dann schon ein Premiumwanderweg sein, auf dem der Wanderer mindestens von einem „Guide“ geleitet wird. Wanderführer genügt nicht mehr. Unsere tollen Wanderwege klingen natürlich gleich ganz anders, wenn sie in die „Hochgehberge“ führen und „Hochgehhütet“ oder „Hochgehpilgert“, “Hochgeh- sprudelt“ und „Hochgehkeltert“ heißen. In einer Veröffentlichung der Organisatoren

in der Südwestpresse vom 05. August 2021 heißt es: „Unter dem Motto: hochgehen um wieder runterzukommen sollen Gäste zum Entspannen und Erholen in beeindruckender Landschaft eingeladen werden.“ Na ja, das war beim Wandern ja immer so….

Aber natürlich muss der Albverein sich auch jetzt wieder an veränderte Bedingungen in seiner Umwelt anpassen. Vielleicht ist es auch wichtig, einen kritischen Blick auf eigene Positionen zu werfen.

1920 hatte man bestenfalls die nahe Eisenbahn mit dem „Hauptbahnhof“  im Heutal zur Verfügung, später dann Fahrräder und Motorrad. Heute fährt man wie selbst- verständlich mit dem eigenen Auto bzw. mit dem Omnibus. Bestimmte Wanderungen macht man lieber nur mit der Familie oder einer kleinen Gruppe. Schon unser alter Wanderfreund Karl Ziegler meinte, man müsse nicht immer mit einer ganzen Herde durch die Natur trampeln.

Wir verbrauchen für unsere Touren also auch jede Menge kostbarer Energie. Wie stehen wir zu den erneuerbaren Energien und ihrer Gewinnung?

Andere Naturliebhaber wollen auch hinaus! Auch für sie stehen Wanderwege zur Verfügung (die oft auch von Gemeinden oder dem Forst angelegt wurden ).

In jeder vernünftigen Gesellschaft müssen sich alle Interessierten, Wanderer, Sportler, Landwirte und viele mehr über ihre Interessen austauschen und gemein- same Lösungen finden ohne sich gegenseitig das Leben schwer zu machen.

Diese Anmerkungen wollen Sie bitte alle einem erlauben, der sich jetzt über ein Jahr mit 100 Jahren Albverein in Mehrstetten auseinandergesetzt hat.

 

Walter Preising

 

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 11

 

 Vertrauensmann Walter Späth (Eigenfoto)    1977 – 1989          Vertrauensmann Werner Schrade (Eigenfoto)  1989 – 2009

Mit jedem Wechsel in der Führung eines Vereins geht einher eine stetige Veränderung in der Arbeit, oft auch in der Zielsetzung dieses Vereins. Immer wieder kann es dabei auch zu atmosphärischen Störungen kommen, was sehr oft erst mit Zeitverzögerung sichtbar wird. Alte Gewohnheiten verschwinden, damit Liebgewordenes, Neues tritt in den Vordergrund.                                                                                                            Bei einem Verein wie der Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins in Mehrstetten, die neben der anderen wichtigen Vereinsarbeit so lange Jahre auch von den Aktionen einer landesweit anerkannten Jugendarbeit mitbestimmt war, konnte durch den Führungswechsel und den Generationenwechsel dieses nicht ausbleiben.                      Der Themenwechsel, der vor allem auch in der Politik vonstatten ging, hatte auch seine Auswirkungen beim Albverein. Immer mehr drängten Fragen des Umweltschutzes in den Vordergrund, das Jahrhundertereignis der Wiedervereinigung Deutschlands warf viele neue Fragen und Probleme auf – brachte aber auch plötzlich für den Wanderverein viele neue Möglichkeiten.                                                                        Die Umbrüche bei einem Verein fangen sehr oft im Kleinen an. Aus Jugendlichen und Schülern werden Studenten, Berufstätige, und Eltern. Wohnorte werden gewechselt, Interessen verschieben sich, nichts bleibt wie es war. Natürlich war das schon immer so, aber in vergangenen Jahren boten sich nicht immer die Möglichkeiten, die heute da sind, und nicht immer hatten junge Leute die Angebote, die heute ein modernes und wirtschaftlich starkes Deutschland in einem friedlichen Europa bietet – man denke nur an die wirtschaftliche Not und die politischen Umstände nach den beiden Weltkriegen. Damals war der Heimatort für viele der Ankerpunkt, der manchen erst das Überleben sicherte.                                                                                                                           So war es nur natürlich, dass unter neuer Führung neue Schwerpunkte gesetzt wurden, die in kleinen Schritten zu einem neuen Bild des Albvereins in der Öffentlichkeit führten.                                                                                                                    Großen Raum nahm in den Jahren ab 1989 der Landschafts- und Naturschutz ein. Die Pflege von Wachholderheiden und Standorten seltener geschützter Pflanzen wie der Küchenschellen in den Sandlöchern oder auf der Trollblumenwiese, die weitere Pflege der Rauen Hüle und der landschaftsbestimmenden Heckenstreifen (die noch übrig waren von der Feldflurbereinigung) in Zusammenarbeit mit den Förstern und unterstützt von Land, Kreis und Hauptverein (dafür gab es auch Ehrenpreise) machten viele Arbeitseinsätze notwendig. Selbst die Ziegenbeweidung ausgesuchter Flächen wurde angegangen, musste leider aber wieder eingestellt werden.

Immer mehr waren mehrtägige Wanderfahrten gefragt, mehr als 25 Jahre lang geplant und durchgeführt von Ehrenvertrauensmann Hermann Schmauder. Die Wiedervereinigung Deutschlands und der Fall der Mauer und des Stacheldrahts ermöglichte nun auch Fahrten und Wanderungen im Osten Deutschlands, den es nun zu entdecken galt. Dresden, das Elbtal und das Elbsandsteingebirge, der Thüringer Wald mit Rennsteig und die Wartburg, Eisenach, das Erzgebirge und vieles mehr galt es nun zu entdecken. Natürlich wurden auch die westdeutschen Landschaften wir der Odenwald, der Pfälzer Wald oder die fränkische Schweiz nicht vergessen. Südtirol mit den Dolomiten oder die Vogesen waren ebenfalls Ziele. Sie alle aufzuführen würde lange dauern. Hier gebührt vor allem Hermann Schmauder, dann aber auch dem ehemaligen Bürgermeister Rudolf Ott und Werner Schrade das große Verdienst um diese beliebten Fahrten und Freizeiten, auch für die ganze  Familie, die besonders Rudolf Ott durchführte.                                                                                                   Die große Tradition der 2-tägigen Hochgebirgswanderungen wurde und wird bis heute gepflegt. 50 Jahre lang war Georg Haible, dann zusammen mit Otto Reutter und Gerhard Mayer der führende Kopf bei Planung und Durchführung dieser sehr verantwortungsvollen Unternehmungen, die trotz aller Unwägbarkeiten, besonders bei Wetterumschwüngen, bis auf den heutigen Tag unfallfrei verliefen –  bis auf  einmal, als kurz vor der ersehnten Hütte eine gebrochene Elle den Einsatz des Hubschraubers mit Notarzt notwendig machte.                                                                                            Die Tradition der Gebirgswanderungen kann auch bis heute weitergeführt werden, da mit Hermann Eberhardt, Heinrich Schmauder und Manfred Benz tatkräftige Gebirgswanderführer in die Fußstapfen von Georg Haible und vor allem auch von Gerhard Mayer getreten sind. Viel zu früh hat uns Gerhard Mayer, der im Albverein „in allen Geschirren ging“ (wie man in Schwaben so sagt), für immer verlassen.

Gerhard Mayer, ein Mann in allen Geschirren (Eigenfoto)

Natürlich wurden auch alte Traditionen weiter gepflegt; das war immer ein wichtiger Punkt in der Arbeit des Schwäbischen Albvereins. Dazu gehörte schon immer, neben dem Wandern besonders das Singen und das Tanzen. Gemeinsam zu singen, das überlieferte Liedgut weiterhin zu pflegen und im Singen Gemeinschaft zu finden, ungezwungen beisammen zu sein, das suchten und suchen viele. Beim Albverein und dem „Freitagstreff“ war das immer einmal im Monat möglich. Aus einer Idee von Gottlieb Eberhardt, aufgegriffen und ausgebaut von Walter Späth, entwickelte sich ein beliebter Sammelpunkt fröhlicher Sängerinnen und Sänger, begleitet von Gottlieb Eberhardt (Steirische Harmonika) und Walter Preising (Gitarre), die nach kurzen Wanderungen in näherer und weiterer Umgebung bei unterhaltsamer Einkehr zusammensaßen, sich unterhielten, sangen, ein Glas tranken und vesperten.                  Zehn Jahre lang spielten die beiden Musikanten, verstärkt um Siegfried Ziegler und einige Mundharmonikaspieler aus dem Unterland auch beim jährlichen Fahrtenlieder- singen in der Metzinger Kelter.                                                            

Es muss auch erlaubt sein, ein paar Worte zum Liedgut zu sagen. Viele unserer alten deutschen Volks- und Wanderlieder sind zum Teil hunderte von Jahren alt; sie entstammen zu Teilen handwerklicher und bäuerlicher Kultur oder sind fröhliche, aber auch traurige Lieder, die dem Alltagsleben ihrer Zeit entwachsen sind. Die Lieder können nichts dafür, dass sie teilweise in der dunkelsten Zeit unseres Volkes für Zwecke der diktatorischen Machthaber missbraucht wurden.                                   Leider ist es dem Verein nicht gelungen, in der Jugendarbeit die langjährige erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. Trotz mehrer Anläufe, zum Teil mit sehr jungen Leiterinnen in der Kindergruppe, aber auch mit jungen Erwachsenen, waren diese Versuche nicht mit Erfolg gekrönt. In Erinnerung bleiben sicherlich die Auftritte dieser jungen Truppe bei den Maifeiern und der letzte große Auftritt beim Verbandstag des Hauptvereins in der Festhalle in Bad Urach.

Fortsetzung folgt

 

 

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 10

Natürlich waren die Jahre ab 1977 Jahre voller Ereignisse, die man nicht vergessen darf.

Mit dem Übergang des Amtes des Vertrauensmannes an Walter Späth wurde ersichtlich, dass dieser auch den Elan seines Vorgängers mit übernommen hatte und eigene Ideen mit einbrachte.                                                                                        Eine dieser Ideen war die Instandsetzung der Rauen Hüle beim Fohlenhof.                    Dies wurde auch zügig umgesetzt. Das hört sich leicht an, war aber doch mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Mit viel Verhandlungsgeschick und unter Mithilfe von Behörden und dem Entgegenkommen der Besitzer des „Fohlenhof“ konnte der Plan umgesetzt werden – ein Kanal konnte gegraben werden, der die Wasserversorgung der Hüle sicherte, und schließlich konnte auch die Finanzierung gesichert werden.

Willi Ziegler bei einem seiner Vorträge                       VM Hermann Schmauder        Foto: Anne Ziegler                                                    Foto: Karlheinz Schmauder

Bei einem der herausragenden Familienabende konnte der alte Vertrauensmann Hermann Schmauder mit dem Ehrenschild des Albvereins, damals der höchsten Auszeichnung, geehrt werden.

Auch bei der Jugendleitung gab es Veränderungen. Karl-Heinz Glasbrenner und Hermann Eberhardt übernahmen die Jugendgruppe. Mit viel Einsatz und Können führten sie, und ab 1978 Gerhard Mayer als Nachfolger von K.-H. Glasbrenner, die Gruppe. Mit einer neugegründeten Volkstanzmusik, die sich aus Mitgliedern der Musikkapelle und Jugendlichen und Erwachsenen Musikern, hier besonders Gott- lieb Eberhardt mit seine Steirischen „Ziach“, zusammensetzten, konnten sie viele Jahre bei Tänzen der Jugend-, und später der Kinder- und Schülergruppe, den Ton angeben.      Mehrstetter Volkstanzmusik        1982                                           Foto: J. Kunz

Ohne Zweifel waren diese Jahre vom Ende der Siebziger und die Achtziger Jahre geprägt von der Jugend- und Volkstanzgruppe unter verschiedenen Leitern, am längsten von Heinz Schmauder und Gerhard Mayer, den traditionellen Gebirgswanderungen mit Georg Haible, Otto Reutter und wieder Gerhard Mayer, den 4-tägigen Wanderfahrten unter Leitung von Hermann Schmauder, den Familienwochenden in den verschiedenen Albvereinshäusern, alles neben den „normalen“ Punkten des jeweiligen Veranstaltungsplanes und natürlich den ständigen Verpflichtungen der Ortsgruppe zur Unterhaltung des Wegenetzes, der Streifengänge der Naturschutz- warte zur Überwachung des Bestandes von geschützten Pflanzen, den hervorragen- den Vortragsabenden, besonders von Dr. Christian Eberhardt und Willi Ziegler.                                                                                                        Besondere Highlights von 1980 bis 1987 waren die Volkstanzfeste in der Mehrstetter Festhalle, die Volkstänzer von der ganzen Alb und darüber hinaus bis in den Stuttgarter Raum nach Mehrstetten lockten. Durch viele Lehrgänge hatten die Tänzer Verbindung zu Gruppen, wie der Stuttgarter Volkstanzmusik aufgenommen. Be- sonders Martina Eberhardt und Hartmut Wager (Sohn des „Volkstanzpapstes“ Kurt Wager), heute ein Ehepaar, machten sich um die Organisation, zusammen mit allen Gruppen- und AV-Mitgliedern, verdient.

Neu hinzu kamen Abende zum Fahrtenliedersingen und Termine zusammen mit anderen Vereinen, z.B. beim Fest zur Feier der Dorfsanierung 1985. Überschattet wurden diese Aktivitäten vom Tod zweier verdienter Mitglieder. So verstarb im Mai 1985 Willi Ziegler, und im Oktober desselben Jahres sein Bruder Karl Ziegler. An beide erinnern vor allem ihre Lieder, die sie hinterlassen haben.

Es steht auch außer Frage, dass diese – übrigens auch im Erms Gau und im Hauptverein hochgeschätzte – Umtriebigkeit des Vereins seinen Tribut von allen Verantwortlichen verlangte.

Gedanken über den Fortbestand der Jugendgruppe, der Aufbau einer Kindergruppe und deren Betreuung bestimmten die Diskussion im Jahr 1989. Walter Späth legte sein Amt als Vertrauensmann nach 12 arbeits- und ideenreichen Jahren nieder. Die Mitgliederzahl war auf 300 Mitglieder angewachsen, davon 60 Kinder und Jugendliche.

Ab 1989 führte nun Werner Schrade zusammen mit seinen Stellvertretern Otto Reutter und Gerhard Mayer den, nach dem Sportverein, mitgliederstärksten Verein in Mehrstetten. Heinz Schmauder war Leiter der Volkstanzgruppe, Gerda Meister konnte für Leitung der Jugendgruppe gewonnen werden und Margot Schmauder betreute die Kindergruppe.

Fortsetzung folgt

 

 

 

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 9

Die Tu-do – Liste bei der Ortsgruppe war groß und wurde durch immer neue Ideen auch nicht kleiner. Und so nebenbei gab es immer noch den Jahresplan mit vielen Wanderungen und Veranstaltungen kultureller Art abzuarbeiten. Ohne zwischen Erwachsenenortsgruppe und Jugendgruppe zu unterscheiden waren da die vielen Tages- und Halbtageswanderungen, die Ferienwanderungen (fast immer über 14 Tage), die Familien-Wochenendwanderfahrten und Familien-Wochenendwanderungen zu den Albvereins – Wanderheimen, Skifreizeiten, Besuche von Volkstanzkursen, Vortragsabende mit eigenen und fremden Referenten, Altenausflüge für alle über 60-jährigen Bürger, Seminarabende, Anlage eines Naturlehrpfades auf Kahlenbühl, Erhalt der alten Mehrstetter Tracht usw.. Die Liste könnte noch um einige Punkte erweitert werden.                                                                                                                         Das konnte alles natürlich nur mit einem sehr rührigen Vertrauensmann gelingen. Manchmal war dieser auch so rührig, dass bei einem Wochenendausflug in den Bregenzer Wald eines Abends plötzlich zwei Musiken dastanden um die Ausflügler zu unterhalten… Was dem Spaß aber keinen Abbruch tat und sorgte dafür, dass heute noch darüber gesprochen wird.

Einige der angesprochenen Punkte verdienen es, näher betrachtet zu werden. So zum Beispiel der Naturlehrpfad. Manche Stunde verging bei der näheren Planung. Da zufälligerweise bei der Innenrenovierung der Kirche alte Kirchenbänke ersetzt werden mussten, konnte man einige davon erwerben. Das alte Holz schien sehr gut geeignet für die Erläuterungstafeln am Wegesrand. Die Bearbeitung übernahm ein Holzfachmann des Vereins. Aber was sollte darauf stehen? Auch hier gab es im Verein einen absoluten Fachmann, nämlich Dr. Christian Eberhardt, den Leiter des Landwirtschaftsamtes in Münsingen. Mit dem Revierförster Frieder Klumpp zusammen wurden die zu bezeichnenden Pflanzen und Bäume bestimmt. Dazu kam noch eine ganz besondere Idee: Die Namen der Pflanzen und ihrer Früchte sollten zusätzlich auf Schwäbisch aufgeführt werden. Schon die Suche in einem umfang- reichen schwäbischen Wörterbuch sorgte für sehr viel Heiterkeit. Beispiel gefällig? Da stand beim Weißdorn natürlich dieser Name, aber da stand auch: Früchte: Buabahägala. Man stelle sich Fremde Besucher, vielleicht auch noch aus einem anderen Sprachgebiet, vor diesem Schild vor!

Eine besondere Erwähnung verdienen auch die Altenausflüge, die der Albverein zusammen mit der Gemeinde unternahm. Einmal im Jahr sollten die Ältesten des Dorfes – wohlgemerkt kostenlos – mit dem Omnibus unterwegs sein, Dinge sehen und kennenlernen, die sie vielleicht aus Gesprächen oder aus der Zeitung kannten, unbeschwert bei Kaffee und Kuchen und einem Vesper mit Viertele zusammen- sitzen, singen, erzählen und lachen. Das war noch vor der Zeit, wo monatliche Altennachmittage organisiert wurden – auch ein Dank des Albvereins an die ältere Generation. Schloss Lichtenstein, Maßhalderbuch, das Gestüt in Marbach, die Schlosskirche des Malefizschenk in Oberstadion, Burg Derneck, Blaubeuren und die Weidacher Hütte, um nur einige Ziele zu nennen, standen auf dem Programm.

Ganz nebenbei bemühten sich einige Albvereinler darum, die alten Mehrstetter Frauentrachten aufzufinden und zu bewahren. Sie sollten die einfachen blauen Dirndl bei Auftritten ablösen.

Am Ende war aber hier, wie bei so vielen Dingen, der schwierigste Punkt die Finan- zierung! Geld war immer knapp beim Albverein. Wie schon immer musste der größte Teil des Jahresbeitrages an den Hauptverein in Stuttgart überwiesen werden, und die Ortsgruppe hielt den Aufschlag auf den Beitrag, der bei der eigenen Kasse blieb, bewusst gering.

 

Neben all diesen Unternehmungen sollen aber auch einige der Highlights dieser 60er und 70er Jahre nicht vergessen werden.

Dazu zählte mit Sicherheit das 50-jährige Jubiläum der Ortsgruppe Mehrstetten im Jahr 1970. Die Rührigkeit der Ortsgruppe und der Jugendgruppe hatte sich so weit herumgesprochen, dass selbst der Vorsitzende des Hauptvereins, Direktor Dr. Fahrbach aus Stuttgart auf den Weg nach Mehrstetten machte, um zu gratulieren und beim Jubiläumsfamilienabend dabei zu sein. Hier gaben alle ihr Bestes. Die Tänze der Jugendgruppe, Willi und Karl Ziegler zusammen mit Friedl und Walter Preising, die Tanzmusik der Musikkapelle und die Laienspieler der Jugendgruppe machten den Abend zu einem unvergesslichen Ereignis.

Nicht zu vergessen auch in dieser Zeit das Engagement der Jugendgruppe zusammen mit jungen Leuten der Landjugend, unterstützt vom Jugendwart der Bauern- schule Bad Waldsee, die in einem vierwöchigen Zeitraum ein Seminar zum Umwelt- und Naturschutz erarbeitet hatten mit dem Thema: „Tod auf Raten“. An vier Vorrags- und Diskussionsabenden ging es dabei um den Einsatz von Bioziden und Insektiziden und Mastzusätzen in der Landwirtschaft, um die Reinhaltung von Ge- wässern und die gesundheitlichen Auswirkungen. Namhafte Referenten stellten sich den Diskussionen, u. a. der damalige Landwirtschaftspräsident Geprägs und der Direktor des Wasserwirtschaftsamtes und Mitarbeiter der Südwestpresse in Ulm und Dr. Werner Oesterle aus Mehrstetten.

Es war ein Versuch der Jugendgruppe, um aus der Ecke der Volks- und Heimattümelei herauszutreten und zu zeigen: Nicht nur Brauchtum und Volksgut zu pflegen, sondern sich auch aktiv dafür einzusetzen, dass dies alles wert sei zu er- halten.

Und für diesen Erhalt setzte sich der Albverein auch immer wieder stark ein. Das zeigte sich ganz besonders auch beim Erwerb der alten Mehrstetter Tracht, teils durch Kauf alter, noch vorhandener Trachten, teils auch durch Neuanfertigungen. Das wurde möglich durch zwei Dinge: Einmal hatte sich die Finanzlage des Albvereins (wie auch anderer Vereine) durch die Veranstaltung von Tanzabenden in der Turnhalle drastisch verbessert, zum anderen konnte man sich der Musikkapelle an- schließen, die sich ebenfalls für diese Tracht entschieden hatte.

 

 

 

 

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 8

Die Sechzigerjahre in der Ortsgruppe Mehrstetten waren ein Jahrzehnt voller bedeutsamer Ereignisse. Dank des unermüdlichen Einsatzes von Vertrauensmann Hermann Schmauder wechselten sich im Laufe der Jahre Veranstaltungen der verschiedensten Arten ab: natürlich Wanderungen, Vorträge zur Volks- und Heimatkunde, Film- und Lichtbilderabende, und vor allem die Familienabende, die in schönster Regelmäßigkeit den Rößlesaal  im wahrsten Sinne des Wortes zum Überlaufen brachten.                                                                                                       Es muss hier unbedingt gesagt werden, dass die – im übrigen immer sehr niveauvollen-  Vortragsabende überwiegend von eigenen Mitgliedern erbracht wurden. So müssen die Vorträge zur Ortsgeschichte von Oberlehrer Alfred Mandel, die heimat- kundlichen Ausführungen von Dr. Christian Eberhardt und die beeindruckenden Vorträge über Gebirgswanderungen und Flora und Fauna der Heimat von Willi Ziegler (Frisöra-Willi) besonders erwähnt werden.                                                                   Karl Ziegler, Georg Haible und Otto Reutter lösten mit ihren mehrtägigen Gebirgs- wanderungen eine wahre Begeisterung für diese anspruchsvolle Art des Wanderns im Hochgebirge aus, die ungebrochen bis auf den heutigen Tag anhält, mit immer wieder neuen begeisterungsfähigen Bergführern.                                                                  Dazu kamen in dieser Zeit – befeuert auch durch immer wieder neue Anregungen vom Hauptverein in Stuttgart unter der Regie eines energie- und ideengeladenen Vorsitzenden Georg Fahrbach – auch Aufgaben auf die Ortsgruppe zu, die vollen Einsatz verlangten. Da das Auto immer mehr die „Wanderhilfe“ für stadtmüde Wanderer wurde, die ihre Wanderungen individuell planten und durchführten, wurden für die fahrbaren Untersätze überall Parkplätze benötigt, von denen möglichst viele Wanderwege wegführten. So legten auch die Albvereinler in Mehrstetten, zusammen mit dem Sportverein und der Gemeinde, Wanderparkplätze beim Bahnhof und beim Sportplatz auf der Bleiche an, wo Rundwanderwege mit ca. 2 Stunden Gehzeit die Landschaft erschlossen. Auch ein Naturlehrpfad wurde in Angriff genommen.

Aber nun der Reihe nach:                                                                                              Dass Vertrauensmann Hermann Schmauder fast ständig die Anliegen seines Albvereins im Sinne hatte, bewies er an einem Sonntagnachmittag im damaligen Café Greut. Dort hatte er – unabsichtlich oder nicht – einen jungen Lehrer beim Vesper angetroffen. Von dem wusste er wohl, dass er in der Jugendarbeit des Albvereins tätig war. Und in der ihm eigenen Art brachte er sein Anliegen an den Mann, in Mehrstetten eine ständige Jugendgruppe ins Leben zu rufen. So kam es, dass in kürzester Zeit in Mehrstetten eine Albvereinsjugendgruppe ihre ersten Gruppenabende abhielt, mit der Unterstützung durch Schulleiter Ostertag, der mit dem Gymnastikraum der Schule den notwendigen Raum zur Verfügung stellte. Da im gleichen Jahr, es war 1967, der neue Sportplatz auf der Bleiche eingeweiht werden sollte, kam man überein, dass die neu gegründete Jugendgruppe hier mit Volkstänzen ihren ersten öffentlichen Auftritt haben sollte.

Das war ein sehr sportliches Ziel; man brauchte natürlich die notwendigen Übungsabende und es sollte auch in einer entsprechenden Tracht getanzt werden. Mit tatkräftiger Unterstützung der Münsinger Handarbeitslehrerin Paula Rittmann und natürlich der Mütter wurden einfache Dirndltrachten für die Mädchen und Westen für die Jungen geschneidert – und so mischte die Volkstanzgruppe des Albvereins sehr bald auch bei verschiedenen Veranstaltungen des Erms Gaus mit, wo sich gleich- zeitig in mehr als 10 Ortsgruppen solche Gruppen gebildet hatten – ein Jahrzehnt der Jugendarbeit im Albverein.                                                                                             Um es kurz zu fassen: unter der Leitung von Walter Preising, so hieß der junge Lehrer aus Bremelau, war in kurzer Zeit eine Jugendgruppe entstanden, die bei vielen Veranstaltungen, nicht nur beim Albverein, stets gern gesehen war und die weit über Mehrstetten hinaus im Albverein einen Namen hatte. So wurde die Gruppe als Abordnung der gesamten Albvereinsjugend zum Deutschen Wandertag nach Bad Hersfeld und zum Europäischen Wandertag auf den Mont Ste. Odile in den Vogesen entsandt, zusammen mit den befreundeten Gruppen aus Gomadingen und Sontheim.

Bei diesen Aktivitäten blieb es nicht aus, dass in der Ortsgruppe zwei Programme parallel abliefen, das der Jugend und das der Erwachsenengruppe. Aber immer da, wo es nötig war, traf man sich zu gemeinsamen Unternehmungen.

                                                              Aber ohne Probleme ging das alles nicht ab. Es gab nämlich ein ständiges Platzproblem. Der Gymnastikraum in der Schule stand nicht mehr zur Verfügung. Mit der Einführung der Nachbarschaftsschule Mehrstetten mit Gundershofen, Sondernach und Hütten brauchte die Schule den Raum dringend als Werkraum. Also wohin?                                                                                                Den Nichtmehrstettern und den vielen Jüngeren mag eine kurze Erklärung helfen:

In Mehrstetten gab es – außer den Wirtshaussälen im Rössle und im „Pfitz“ für Vereine kaum Möglichkeiten. Das Evangelische Gemeindehaus war in der Planung, die Turnhalle kam noch einige Jahre später, der Feuerwehrhaus in weiter Ferne….

Letzte Rettung für die Jugendgruppe – und nicht nur für sie – war das sogenannte „Parteiheim“ im Erdgeschoss des Rathauses ( zur Erklärung: der Name stammt wohl aus der Zeit des 3.Reiches und bezeichnete den größten Teil des heutigen Bürgerbüros; abgetrennt war ein schmaler Raum im hinteren Teil als Lager für Allerhand).                                                                                                                          Es war eng, aber immerhin ein Raum.                                                                            Die Räume im Untergeschoss der Schule waren belegt als Gemeinschaftsdusche für die Schüler, mit einer Gemeindebadeanstalt mit Wannenbädern (zu benützen gegen Gebühr unter Aufsicht einer Badefrau am Samstagnachmittag), als Waschküche und Unterrichtsraum für die Schule für ländliche Hauswirtschaft in Verbindung mit der heutigen Schulküche.                                                                                                    Der heutige Zustand in der Schule wurde nur nach mehrmaligen Umbaumaßnahmen den jeweiligen Bedürfnissen angepasst.                                                                            Alle Vereine hatten mit diesen Platzproblemen zu kämpfen, aber alle fanden immer wieder eine Lösung.

 

Bilder: Walter Preising

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 7

Überhaupt die Fortbewegungsmittel spielten bei den Unternehmungen der Albvereinler eine immer größere Rolle – einmal abgesehen von den Skiern im Winter. Die waren zwar immer aktuell, aber sportlich gesehen übernahm hier natürlich der Wintersportverein (WSV) immer mehr die Regie, natürlich gar nicht verwunderlich, dass hier ein ehemaliger Vertrauensmann und Jugendwart, nämlich Gerhard Schaude, das Kommando übernahm.                                                                                                 Aber zu den Fortbewegungsmitteln: In den Anfangsjahren (ab 1920) staunt man immer mehr über die doch gewaltigen Entfernungen, die – unterstützt von der Eisenbahn – zu Fuß zurückgelegt wurden, bei Fußwanderzeiten von nicht selten mehr als 8 und 9 Stunden! Dann taucht aber immer wieder, so Ende der 20er Jahre bis in die 30er Jahre das Fahrrad auf. Auch das war manches Mal eine Herausforderung. Zunächst für die Lenker der Räder selbst, die dem mitgeführten oder unterwegs „zufällig gefundenen“ Most zu sehr zugesprochen hatten, und in der Folge für Schneidermeister Eugen Breitinger, der Hosen und Jacken nach diversen Stürzen                                             (an denen aber immer die schlechten Wegeverhältnisse schuld waren) wieder in einen brauchbaren Zustand zurechtflicken und –bügeln musste.                                         Nach dem Krieg zeigt sich auch bei Wanderungen die zunehmende Motorisierung. Bei kleineren Unternehmungen war das oft das Motorrad, für größere Gruppen wird es zunehmend der Omnibus, der Männlein und Weiblein entweder in das Zielgebiet oder aber auch nur spät am Abend wieder nach Hause brachte.                                        Aber nicht nur die Fortbewegungsmittel änderten  sich mit der Zeit. Unruhig blieb es auch in der Vereinsführung. Natürlich waren diese Nachkriegsjahre für alle eine sehr bewegte Zeit. Berufliche und persönliche Neuorientierungen spielten ebenso eine wichtige Rolle wie auch weltanschauliche Positionierungen. Für viele waren Worte wie  „Heimat“, „Volksgut“, „Brauchtum“ und andere mehr durch ihren Missbrauch im vergangenen 3.Reich mit falschen Vorstellungen besetzt. Man konnte sich nicht mehr so gut damit identifizieren. Auch Lieder und Liedtexte, oft jahrhundertealt, kamen dadurch in Verruf. Und mittendrin der Albverein, der genau in diesen Beschreibungen sein Hauptaufgabengebiet schon immer gesehen hatte.                                                So führte ab 1949 Küfermeister Hans Kölle den Verein, gab diesen aber schon 1951 an Hauptlehrer Ernst Ostertag ab. Er blieb Vertrauensmann bis 1956, und wurde dann von dem Bundesbahner Hermann Haible abgelöst. Schon nach 2 Jahren wurde wieder ein neuer Vertrauensmann gesucht, weil Hermann Haible aus beruflichen Gründen das Amt aufgeben musste. Diesmal blieb das Amt in Bundesbahnerhänden. Mit Hermann Schmauder kehrte nun für viele Jahre Ruhe in den Vorstandsreihen der Ortsgruppe Mehrstetten ein, was der gesamten Entwicklung sehr gut tat. Bis 1977 sollte er nun fast 20 Jahre an der Spitze des Mehrstetter Albvereins stehen, und daran werden sich viele der heutigen Mehrstetter, und nicht nur der Albvereinler, noch sehr gut erinnern können.                                                                                                                        Nicht nur die Personen in der Vereinsführung wechselten. Auch die Jahresprogramme bekamen mit der Zeit ein anderes Gesicht. Natürlich blieb auch weiterhin das Wandern eine der Hauptaufgaben der Ortsgruppe, vor allem aber die Geselligkeit, die Angebote für Nichtmitglieder zur Teilnahme an Veranstaltungen, die mehr und mehr von Leuten aus den eigenen Reihen gestaltet wurden, erfreuten sich großer Beliebtheit. Zu nennen wären da die hervorragenden Lichtbildvorträge (mit eigenem Bildmaterial) von Willi Ziegler, die heimatkundlichen Vorträge von Dr. Christian Eberhardt, aber auch die vom Hauptverein angebotenen literarischen und naturkundlichen Vorträge, die alle großen Zulauf hatten.                                                                                                               Aber auch einige Beiträge in den Protokollbüchern, die man getrost unter „Kurioses“ oder unter „Besonders Erwähnenswert“ aus dieser Zeit anführen darf, sollen nicht unerwähnt bleiben. Beispiel gefällig?                                                                             Ein Antrag aus der Mitte des Ausschusses betraf den kläglichen Gesang zu Beginn der öffentlichen Versammlungen des Albvereins. So sollte in Zukunft nur noch in den Albverein aufgenommen werden, wer das Albvereinslied in allen Versen vorsingen bzw. aufsagen konnte  („So steckt dies Zeichen an den Hut…“).                                              Die Frühwanderung am 1. Mai begann immer am Lindele auf dem Marktplatz. Der Start verzögerte sich aber des Öfteren um einige Zeit, weil die Wandergruppe „zuerst eine ausführliche Besichtigung der dort ordentlich aufgestellten Ausstellung landwirtschaftlicher Geräte vornehmen musste, die so groß war, dass man sich die Fahrt zu einer solchen Ausstellung sparen konnte.“ Einmal war sogar zur Bewachung eine Hundehütte mit Hund dazu gestellt worden. (Anmerkung: dies wiederholte sich viele Jahre später noch einmal, nur dass der Hund mit Hütte auf dem Dach des damaligen Kreissparkassenpavillons ein ebenfalls dort geparktes Kleinauto bewachte!).

Der 1. Mai hatte es in sich! So gab es 1956 zu der Wanderung viel Schnee und Kälte wie im November.                                                                                                         Und dann war da noch die Hauptversammlung des Vereins in Ravensburg. Ein Mitglied der Mehrstetter Abordnung kam doch tatsächlich einen Tag zu spät dort an und erst 1 Woche später wieder nach Hause. Näheres ist den Büchern nicht zu entnehmen.

Auch die Frage nach den Beiträgen, die vom Albverein an den WSV abgeführt werden sollten (für die Mitglieder der Skiabteilung, die auch dem WSV beigetreten waren), findet 1956 eine Antwort: Da die Kassenlage bei beiden Vereinen bedauerlicherweise „kläglich“ ist, wird dies im beiderseitigen Einvernehmen eingestellt. Aber der Vorsitzende des WSV (Walter Heimberger) ist auch Mitglied im Ausschuss der Albvereins – Ortsgruppe.                                                                                                Mit Hermann Schmauder als Vertrauensmann und Motor nahm die Vereinsarbeit immer mehr an Fahrt auf. Viele Dinge, die mittlerweile selbstverständlich Teil der Vereinsarbeit waren und noch sind, nahmen ihren Anfang. Waldweihnachtsfeiern, Familienabende mit Theateraufführungen, mehrtägige Wanderfahrten, die jährliche mehrtägige Hochgebirgswanderung und vieles mehr begann die Ortsgruppe zu prägen. Nicht zu vergessen die Selbstverständlichkeiten wie die Pflege des Wanderwegenetzes und der Naturschutz. Dazu kam ab 1960 der Beginn der Dorfsanierung. Mehrstetten als Musterdorf und Beginn der Flurbereinigung Ortslage, was einen nie dagewesenen Umbruch im Ortsbild und natürlich auch in der Umgebung mit sich brachte, eine Herausforderung für alle, die sich bis zum Abschluss der  Maßnahmen insgesamt – Flurbereinigung Feldlage, Dorfsanierung und Flurbereinigung Ortslage – über mehr als 30 Jahre (1952 -1984) erstrecken sollte und immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der Ortsgruppe des Albvereins und der Gemeinde bzw. der ausführenden Flurbereinigungsbehörde führte. Keine einfache Zeit für viele Albvereinler, die einerseits die Interessen des Albvereins und den Schutz seiner Ziele verfolgten, die aber andererseits sei es als Mitglieder des Gemeinderates oder der Teilnehmergemeinschaft der Flurbereinigung auch hier in der Verantwortung der Dorfgemeinschaft standen.

Sicher ist: Der Begriff Naturschutz beschränkte sich lange Zeit viel zu sehr auf die Pflege und den Schutz einzelner Pflanzen und ihrer Standorte und hätte schon viel früher durch den umfassenderen Begriff Umwelt- und Landschaftsschutz ersetzt werden müssen. Ausgeräumte Feldmarken, Abholzung von landschaftsprägenden und –schützenden Feldhagen und –hecken wären vielleicht vermieden worden.                    Aber hätte, wäre, könnte…                                                                                             Ein neues Kapitel der Ortsgruppengeschichte begann Anfang der 60er-Jahre. Die Jugend begann sich zu rühren. Die Kontakte zu der Ortsgruppe in Münsingen führten zu gemeinsamen Volkstanzaufführungen bei Vereinsabenden. Paula Rittman, Handarbeitslehrerin aus Münsingen, machte das zusammen mit jungen Paaren aus Mehrstetten und Münsingen, und Reinhold Mayer sammelte einige Jugendliche um sich, um mit ihnen ganze Wochenferienwanderungen zu machen. So erwanderten sie ab 1965 zuerst den Südschwarzwald, dann den Odenwald und 1967 die Lüneburger Heide mit Abstecher nach Lübeck, Hamburg und Helgoland.                                        Für viele Jahre blieb ab jetzt die Jugendarbeit ein herausragender Bestandteil der Vereinsarbeit, ohne die anderen Bereiche zu vernachlässigen.                              Fortsetzung folgt

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 6

Bewegte Zeiten in der AV – Ortsgruppe Mehrstetten

In den ersten Jahren nach dem Wiederbeginn 1947 tat sich die Ortsgruppe zunächst schwer, einen Weg zu finden, der sowohl den alten und tradierten Zielen der Albvereinler als auch den neuen Ideen vor allem der Jungen und der Jugendlichen gerecht wurde. Eine gewisse Unruhe im Verein lässt sich auch an den häufigen Wechseln in der Vereinsführung ablesen. So wie das ganze Volk nach den Schrecken und Traumata des Krieges sich neu orientieren musste, so geschah das auch im Kleinen, im Verein. Dass man sich da nicht immer einig war, war nur zu verständlich.

1949 wurde bei der Hauptversammlung Gerhard Schaude zum Vertrauensmann gewählt, Stellvertreter wurde Hans Kölle sen. .Bei einer Ausschusssitzung wurde die Gründung einer Jugendgruppe beschlossen, und bei einer schriftlichen Nachwahl wurden die Vertrauensmannstellen getauscht; Hans Kölle war jetzt Vertrauensmann und Gerhard Schaude sein Stellvertreter. Kurz darauf wurde der Jungalbverein Mehrstetten gegründet. Sein Vorsitzender wurde nun Gerhard Schaude. Das Konstrukt der Vereinsführung sah nun einen Ortsgruppenausschuss mit Teilen der alten Vereinsführung  und dem neuen Ausschuss des Jung AV vor, wobei beide Gruppierungen jeweils für ihre Bereiche selbständige Beschlüsse fassen konnten. Die unterschiedlichen Auffassungen führten letzten Endes dazu, dass der Jungalbverein zusammen mit der Skiabteilung sich eine eigene Satzung gaben, Schriftführer Karl Ziegler wurde durch Hans Kölle jun. abgelöst. Verbindungsmann zwischen Jung AV mit Skiabteillung und der Ortsgruppe blieb Karl Ziegler.

Mittlerweile hatte sich auch der Hauptverein (sprich die Führung des Gesamtvereins  in Stuttgart) eingeschaltet. Die Sondersatzung des Jung AV musste geändert werden, der Skiwart wurde zugunsten eines Wanderwartes gestrichen.

Allerdings hatte der Jungalbverein Bewegung in das Vereinsleben gebracht. Regel- mäßige Singabende in den Mehrstetter Gaststätten immer an den Samstagabenden erfreuten sich großer Beliebtheit, und mit ihren Gesangsbeiträgen gefielen die Jungen oft bei Vereinsabenden und Familienabenden.

Ein großer Erfolg für die Skiabteilung waren auch die Bezirksmeisterschaften im Skilanglauf, bei denen vor allem Georg Reutter und Karl Ziegler durch ihre Siege dem Skisport Auftrieb gaben.

Das Jahr 1952 brachte dann mit der Gründung des Wintersportvereins Mehrstetten (WSV) eine voraussehbare Trennung zwischen Albverein und den Wintersportlern, die allerdings in überaus freundschaftlicher und kameradschaftlicher Weise vor sich ging. So kann man den Protokollen des Albvereins entnehmen, dass der neu gegründete WSV für jedes Albvereinsmitglied in seinen Reihen aus der Kasse des Albvereins 1 DM bekommen solle (Beschluss vom 11.März 1952). Wie lange das beibehalten wurde, ließ sich nicht ausfindig machen. Aber man lud sich immer gegenseitig zu den Versammlungen und Vereinsabenden ein – und man half sich!                                     Als am 19.12.1952 bei der Generalversammlung im Hirsch Vorschläge für den Wanderplan im neuen Jahr aufgerufen wurden, kam von den WSV-Mitgliedern der Vorschlag, anstatt einer Wanderung am 1. Mai beim Bau der neuen Albschanze im Böttental zu helfen. Neuer Vertrauensmann der Ortsgruppe war übrigens seit 1951 Hauptlehrer Ernst Ostertag, und unter seiner Leitung stimmte die Versammlung diesem Vorschlag begeistert zu. Beigetragen dazu hatte sicherlich auch die Zusage der örtlichen Gastwirte und des Küfers,  die Arbeiterinnen und Arbeiter mit reichlich Getränken zu versorgen, worauf sich andere Geschäftsleute nicht lumpen ließen. Sie versprachen Zigaretten, Bonbons und Schokoladen, die Bäckermeisterin Brot und Brezeln und der Metzger die notwendigen Wurstwaren. Und Karl Katzmaier wollte die Arbeitenden mit dem Traktor und seinem Wagen abholen.                                         Kurz gesagt: Bei herrlichem Maiwetter wurde der Arbeitseinsatz ein voller Erfolg und vor allem die zugesagte Verpflegung und vor allem der Genuss derselben ein High- light für alle Dabeigewesenen. Der Schriftführer Christian Mak schildert das hingebungsvoll und gerät besonders bei der Beschreibung des Genusses von Friseur Zieglers „Rathaus – Riesling“ ins Schwärmen.                                                                                    Gemeinsames Arbeiten, gemeinsames Singen, gemeinsames Beisammensein war für viele etwas Erstrebenswertes. Vor allem auch dann, wenn in den eigenen Reihen Liederkomponisten und –dichter dabei waren wie vor allem Karl Ziegler und auch dessen Bruder Willi Ziegler, den aber mehr aus der Ferne die Sehnsucht nach der Alb umtrieb. Lieder wie das „WSV – Lied“, das beim Wintersportverein noch heute bei vielen Anlässen gesungen wird, oder das Skifahrer Zunftlied „Die Mehrstetter haben eine saubere Zunft“, aber auch die Bergsteigerlieder „Auf hoher Warte wir uns finden, Bergsteiger von der Schwabenalb“, das „Bärental – Lied“, aber auch das heimatverbundene „d´Alb, dui liab i“ stammen aus ihrer Feder und sind es wert, gepflegt zu werden.

Alblied von Willi Ziegler  (aus den 50er Jahren)

Wie groß besonders auch die Liebe und die Sehnsucht dieser ersten Bergsteigergeneration in Mehrstetten war, mag auch die folgende Anekdote erklären:

Eines Tages packte einige der Mehrstetter Bergfexe die Sehnsucht nach den Bergen, und so fasste man den Plan, einige Tage daran zu rücken und nach Oberstdorf aufzubrechen. Aber mit der Bahn zu fahren, war wohl nicht sportlich genug und kostete überdies auch Geld. Motorisiert war man nicht, also blieb das Fahrrad.

Gesagt, getan – man brach mit den Rädern auf. Räder, Fahrradmäntel und ebenso Schläuche waren ein rares  Gut, die Straßen schlecht, dafür wenig Verkehr. Rucksack und Zelt wurde aufgeladen, und so ging es los – natürlich ohne Gangschaltung, die es nicht gab.

Nun muss man wissen, dass Fahrräder auch damals ein sehr beliebtes Diebesgut war , und diebische Zeitgenossen so kurz nach dem Krieg gab es überall. Da war – in Oberstdorf angekommen – guter Rat teuer: Wohin mit den Rädern? Man wollte und musste unbedingt auf das Nebelhorn und einmal mit der damals gerade 20 Jahre alten Kabinenbahn fahren. Blieb nur eines: Die Räder mussten mit.

So fuhr man mit den Rädern bis zur Bergstation. Aber von hier bis zum Gipfel gab es keinen Radtransport!

Heute wäre es nichts Besonderes, fahrradschleppende Sportler im Gebirge zu sehen. Allerdings mit superleichten Karbonrahmen und nicht mit gewichtigen Velos, dazu bepackt mit Rucksäcken und Zeltbahnen.

Aber es half nichts: die Räder samt Gepäck mussten mit hinauf zur Gipfelhütte. Lieber schwitzen als nachher ohne Rad dastehen, war die Devise.

So waren die Mehrstetter Gebirgskraxler wohl einige der ersten, die das Nebelhorn mit dem Fahrrad bezwangen.

Fortsetzung folgt

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 5

Neuanfang nach dem Krieg

Nach dem verlorenen Krieg lag alles darnieder. Alle mussten schauen, wie man mit dem Leben zurechtkommen konnte.                                                                           Auch in Mehrstetten waren viele nicht mehr aus dem Krieg heimgekehrt: gefallen, vermisst, in Gefangenschaft. Für die Daheimgebliebenen war vieles wichtiger als Vereinsarbeit.                                                                                                                Und dennoch waren die Ideen und Erinnerungen da oder wurden wachgerufen, so zum Beispiel als zwei Urgesteine des Mehrstetter Albvereins wegstarben.                            Als erster starb 1946 der langjährige Vertrauensmann, Metzgermeister Karl Reutter, der seit der Gründung 1920  bis zu seinem Tod 26 Jahre lang die Geschicke des Vereins geleitet hatte. Ihm folgte mit seinem Tod 1947 der langjährige Schriftführer Fritz Eberhardt.

Mit einem kurzen Eintrag im Protokollbuch wird ihrer in Ehren gedacht.

Besonders Vertrauensmann Karl Reutter wurde schmerzlich vermisst. Auch in schwieriger Zeit hatte er den Verein zusammen gehalten, hatte Veranstaltungen organisiert und nicht selten tagte der Ausschuss in seinem Wohnzimmer, sicher nicht zum Nachteil der Auschussmitglieder, die den Einladungen des Metzgermeisters gerne folgten.

Mittlerweile schrieb man das Jahr 1947. Die französische Militärregierung wachte streng über die Umtriebe in den Gemeinden, und ohne ihre Genehmigung ging nicht viel.                                                                                                                                      Da schlug nun die Stunde eines weiteren Urgesteins des Mehrstetter Albvereins. Ludwig Eberhardt, der voller Stolz immer mit seinem Beruf „Rottenführer“ (um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: bei der Eisenbahn) unterschrieb, gab keine Ruhe. Seine Liebe gehörte dem Verein, und er machte sich unermüdlich daran, die alten Kameraden wieder zu aktivieren und die Behörden davon zu über- zeugen, dass die gute Sache des Albvereins es wert sei, eine Genehmigung zur Neugründung zu erhalten.

Mit der Genehmigung der französischen Militärregierung war es am 22. Juli 1947 so weit. Ludwig Eberhardt konnte auf 3 Uhr nachmittags zur Neugründungsversammlung in das Gasthaus zum Hirsch einladen. Zehn Mitglieder waren der Einladung gefolgt und wählten den ersten Ausschuss der neu erstandenen Ortsgruppe.

Vertrauensmann wurde Ludwig Eberhardt, Rottenführer. Ihm wurde auch das Amt des Kassenwarts anvertraut. Sein Stellvertreter wurde Eugen Breitinger. Zum Schriftführer wurde Karl Ziegler gewählt. Ein weiteres Ausschussmitglied wurde Georg Ziegler.

Weitere Planungen, z.B. für Wanderungen oder Veranstaltungen zur Werbung neuer Mitglieder konnten vor der behördlichen Genehmigung und Eintragung des Vereins nicht angegangen werden und wurden deshalb zurückgestellt.

Darin drückte sich auch die Vorsicht und eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den französischen Militärbehörden aus, die überall das letzte Sagen hatten. Die damaligen Ausschussmitglieder fanden das erstmals in Ordnung, wollten sie doch erst zu sich selbst und Wege finden, wie man „die Liebe zur Heimat und zu der Sache des Vereins im inneren Kern wachsen lassen konnte“, wie es Schriftführer Karl Ziegler im Protokoll ausführte.

Die offizielle Genehmigung für die OG Mehrstetten durch die französische Militärregierung erfolgte im folgenden Jahr, am 4. Juni 1948.

In einer Sitzung des Ausschusses am 27. Juni 1948 wurde die behördliche Genehmigung der OG Mehrstetten zur Kenntnis gebracht und gleichzeitig der vierteljährliche Tätigkeitsbericht bearbeitet, der den Behörden vorgelegt werden musste. Erste Wanderungen waren schon durchgeführt worden, die Schriftführer Karl Ziegler ausführlichst beschrieb, auch das Vesper auf dem Gießstein auf dem Weg zum Schloss Lichtenstein „…wo bei herrlicher Aussicht dieses (das Vesper) besonders gut schmeckte und nachträglich an die schwindelfreien Kinder sogar noch ein Nachtisch in Form von Ohrfeigen mit Flüchen und Gelächter verteilt werden konnte.“

Diese Zeit des Aufbruchs in eine neue Epoche der Albvereinsortsgruppe Mehrstetten ist nicht nur eine Geschichte des „weiter so wie damals“; die Aufschriebe vor allem von Karl Ziegler zeugen auch von internen Auseinandersetzungen und Bestrebungen einer Neufindung.                                                                                                        Besonders seine Nachforschungen über die Entwicklung der Ortsgruppe beflügelten Karl Ziegler. So hatte er herausgefunden, dass seit 1893 unter der Leitung von Pfarrer Bentel eine locker organisierte Gruppe von etwa 10 Leuten im Sinne und als Mitglieder des Albvereins tätig waren, aber eben keine eigene Ortsgruppe gründeten. Dies geschah erst 1920 mit Karl Reutter. Die Mitgliederzahlen  stiegen im Gründungsjahr schon auf 66 und bis 1923 auf 128. Die Auswirkungen der wirtschaftlichen (Inflation; Weltwirtschaftskrise) und der sich abzeichnenden politischen Entwicklungen (Nationalsozialismus) zeigten sich deutlich daran, dass ab 1924 die Mitgliederzahlen ständig sanken. Parteigebundene Organisationen machten ab der Machtergreifung 1933 durch die Nationalsozialisten allen Vereinen das Überleben immer schwerer. 1935 waren es nur noch 22 Männer und Frauen, die dem Albverein die Treue hielten. Im Jahr der Neugründung 1947 waren es noch 18. Natürlich hatte auch der Krieg seinen Tribut gefordert.

Es war jetzt eine herausfordernde Zeit, und die brauchte Ideen, die die Begeisterung vor allem auch der Jugend und jungen Erwachsenen wecken konnte.

Fortsetzung folgt

100 Jahre OG Mehrstetten Teil 4

Das inzwischen vergangene erste Jahrzehnt, das zunächst so verheißungsvoll für die junge Ortsgruppe Mehrstetten begonnen hatte, war zu Ende. Es hatte ungeahnte Höhen, aber auch gewaltige Tiefschläge mit sich gebracht. Die Inflation hatte wirtschaftlich vieles ruiniert und, kaum überwunden, schlug unerbittlich die Weltwirtschaftskrise zu. Da konnte man von Glück sagen, dass man auf dem Land lebte, wo wenigstens das zum Überleben Notwendige vorhanden war – wenn auch die Vesperrucksäcke oft nicht mehr so gut gefüllt waren. Man war auch auf dem Land damit beschäftigt, zuerst das tägliche Leben zu sichern.

So war auch beim Albverein in Mehrstetten die Mitgliederzahl stark gesunken, zu Versammlungen kamen oft keine 20 Mitglieder mehr. Hatte man sich in den Anfangsjahren noch in freiwillige Arbeiten gestürzt, z. B. beim Bau des Wanderweges zum „Mehrstetter Hauptbahnhof“ im Heutal und zur Pflege des Ehrenhains bei der Hüle, so war davon nun keine Rede mehr. Warum das so war? Darüber geben Protokolleinträge erst in späteren Jahren Auskunft. Die Gemeinde hatte den Ehrenhain an der Hüle an sich gezogen, hatte dem Albverein die ausgegebenen Gelder erstattet (leider ist nicht erwähnt, in welcher Währung – man bedenke die rasante Inflation) und im Jahre 1926 dort das heute noch existierende Ehrenmal zum Gedenken an die Gefallenen des 1. Weltkrieges errichtet.

Mag sein, dass so mancher bis dahin eifrige Mitarbeiter sich zurückzog und sich anderen Tätigkeiten zuwandte.                                                                                    Aber sicher ist: das Vereinsleben in der Ortsgruppe lief nur noch auf Sparflamme.          Aber immer wieder flackerte das Flämmchen der Begeisterung wieder auf, z. B. als der Uracher Stadtpfarrer Dr. Reinhardt einen gut besuchten Lichtbildervortrag im Rössle Saal hielt. Das war 1931, und er berichtete dabei von den dramatischen Ereignissen bei der Erstbesteigung dieses schönsten Berges der Alpen. Der Beifall wollte dann kein Ende nehmen, als er zum Abschluss seines Vortrages noch Bilder zeigte, wie er selbst mit einem Bergführer diesen Gipfel bezwungen hatte. Hier könnte durchaus der Funke auf spätere Gebirgler und Bergsteiger in der Ortsgruppe übergesprungen sein.

Eine neue Erkenntnis brachte eine Versammlung im Gasthaus Hirsch in Gundershofen im Jahr 1933: Herr Altbürgermeister Rehm aus Gundershofen, der mit der Gründung 1920 dem Albverein Mehrstetten beitrat, wurde für 25-jährige Mitgliedschaft geehrt. Es hatte sich aber herausgestellt, dass er schon seit 1902 Mitglied im Albverein war, was er durch seine Mitgliedskarte beweisen konnte – nur im Verzeichnis des Hauptvereins war er nicht zu finden, obwohl er im Besitz sämtlicher Albvereinsblätter und Wanderkarten seit diesem Jahre war. Nach Einsendung der Mitgliedskarte als Nachweis wurde ihm nun die Ehrenurkunde für 25-jährige Mitgliedschaft nachträglich überreicht, auch wenn er schon 30 Jahre Mitglied war.  Auch Oberlehrer Ostertag war wohl schon Mitglied seit 1904 und hatte bei seinen verschiedenen Dienstorten als junger Lehrer Spuren des Albvereins hinterlassen, besonders im Schwarzwald.

Wir alle wissen, dass das Jahr 1933 gewaltige politische Veränderungen in Deutsch- land brachte. Diese finden aber in den Vereinsprotokollen keinerlei Erwähnung. Lediglich an den Begleiterscheinungen kann man – sozusagen verdeckt – ablesen, dass etwas sich verändert hatte. Es wurden keine Wanderpläne mehr erarbeitet, weil erfahrungsgemäß sowieso niemand Lust hatte, mit zu wandern, die Mitgliederzahl im Verein war so tief gesunken wie noch nie. Es bedurfte schon größerer und unglaublicher Ereignisse, damit sich die Albvereinler zu gemeinsamen Unternehmungen auf- raffen konnten.

Ein solches Ereignis war am 5./6. Juli 1936 ein gewaltiger Wolkenbruch, der vor allem im Arbental gewaltiges Unheil anrichtete, der den ganzen Fahrweg hinunter ins Schandental metertief ausschwemmte. Zur Besichtigung dieses gewaltigen Naturschauspiels machte sich eine erkleckliche Zahl von Wanderern auf den Weg. Eine Wiederholung dieses Ereignisses gab es dann Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts mit ähnlichen Ergebnissen.

Der Bericht über die Wanderung zu den Hochwasserschäden vom 6./7. Juli 1936 war für lange Jahre der letzte Bericht in den Protokollbüchern. Zuvor war erstmals die Rede von der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten bei einem letzten Lichtbildervortrag beim Albverein, der eine Werbeveranstaltung für den Verein sein sollte. Ein Oberreallehrer Widmann aus Tübingen sprach dabei davon, dass…“doch der Albverein derjenige Verein sei, der schon lange vor der Machtübernahme unseres Führers die Volksgemeinschaft gepflegt habe. …Es sei der Arbeiter gleich- berechtigt neben dem Unternehmer, der Bauer neben dem Städter…gestanden“                       Erst 1943 gibt es noch eine Aufzählung von Wanderungen, die allesamt Ludwig Eberhardt, Rottenführer, geführt hatte, auch noch 1944 – oft nur zu wenigen Mitwanderern.

Am 24. September 1944 endet der Eintrag mit der Feststellung: „…es musste das Wandern in weitere Entfernungen eingestellt werden wegen zu großer Fliegergefahr auf den Straßen und Eisenbahnzügen.“

1945, nach langer Pause „…durch den Krieg verursacht“ , konnte Vertrauensmann Karl Reutter die noch in der Heimat anwesenden Mitglieder zu der 25-jährigen Jubläumsversammlung einladen und 8 Mitglieder für 25 Jahre Treue zum Albverein ehren, mit dem Wunsch, dass der Krieg bald enden möge!

Es waren dies: Eberhardt Fritz, Maler; Eberhard Johannes, Bauer; Eberhardt Ludwig, Rottenführer; Götz Georg, Straßenwart; Krehl Georg, Waldmeister; Mayer Gottlieb, Hirschwirt; Reutter Lukas, Wagnermeister und Ziegler Georg, Frisör. Oberlehrer Ostertag wurde für 50 Jahre geehrt.

Mit diesem Eintrag endet nach 25 Jahren das Protokoll:

Fortsetzung folgt